Samstag, 21. Februar 2009

Liebesgeschichten, 2. Kapitel

Sie saß in dem gemütlich-schäbigen Straßencafé an der Theke, welches sich an der Straßenecke quer gegenüber ihrer Wohnung befand. Es hatte einen gewissen nostalgischen Flair und es erinnerte sie sehr stark an alte Filme, vor allem an die aus Frankreich, wo noch Cigarillos in Massen geraucht und leichte Mädchen auf der Bühne den Cancan getanzt haben. Beides gab es hier zwar nicht, doch fühlte sie sich hier heimisch. Vielleicht sogar heimischer als zu Hause. Die abgenutzten Ledersessel luden an den grazil gestalteten Metalltischen zu einem gemütlichen Plausch zu zweit oder gar zu dritt ein. Doch hatte sie keinen, mit dem sie etwas zu beplauschen hätte.
Sie wollte eigentlich aufhören mit dem Rauchen, aber irgendwie sah sie sich gezwungen in Situationen wie diesen eine ganze Packung Gauloises Blau den Rachen anzutun, obwohl sie nicht einmal wusste, wie man diesen verdammten Namen aussprach. Es gab ihr weder Halt, Trost noch sonstirgendwas und sie war sich sogar sehr darüber bewusst, dass, wenn sie so weitermachen würde, spätestens in 10 Jahren mit einer Brust weniger und haarlos das Zeitliche segnen würde.
Es war eben alles zum Rauchen. Nicht zum Kotzen. Zum Rauchen. Vielleicht erhoffte sie sich ja, dass sich alles, wie der blaue Dunst, in Wohlgefallen auflösen würde. Puff. Einfach weg. Doch so einfach war es nicht. Und weg schon gar nicht. Es ist eben vorbei. Vielleicht nicht für ihn, sie aber hat ihren Entschluss gefasst. Und sie würde ihn auch nicht mehr anrufen oder sonst irgendwie den Kontakt mit ihm aufnehmen um ihn klarzumachen, dass es so ist. Er hat es sich redlich verdient nicht kontaktiert zu werden.
Sie bestellte sich noch einen weiteren Espresso, schlang ihn hinunter und genoss das Gefühl, wie die heiße Flüssigkeit ihr die Speiseröhre runterlief und ihr innerstes aufs Wohlste wärmte. Sie ließ ihren Blick durch das Café streifen und bemerkte, dass sie obgleich der späten Uhrzeit nicht alleine war. Noch etwa 15 weitere Personen begnügten sich an ihrem warmen Getränk und ihrer Konversationen. Alle schienen glücklich zu sein in ihrem Leben, nur sie saß da, deplaziert wie ein Erwachsener im Kinderparadies von IKEA, und schob das Häufchen Elend, welches sie darstellte, von Zeit zu Zeit auf dem Stuhl hin und her.
Sie träumte vom Meer. Azurblaues Meer, wie sie es immer auf Fotos von NationalGeographic gesehen hat. Sie träumte davon, mit dem Rauch, den sie auspustete, wie auf Wolken in die Karibik zu fliegen. Einfach so. Und einfach so gab es diesen Knall. Er war laut und zog sofort die Aufmerksamkeit aller Cafébesucher auf sich. Auch die ihre. Gemurmel wurde laut, schwoll an zu einem Getöse. Die Fensterscheiben des Cafés waren nun belagert mit erregten und nervösen Körpern, die hie und da ein "Oh mein Gott" hören ließen. Nein, dachte sie. Das konnte einfach nicht sein.

Freitag, 20. Februar 2009

Liebesgeschichten, 1. Kapitel

Er saß mal wieder ganz ermüdet und matt vor dem Fernseher in seiner kleinen Wohnung und lauschte dem Rauschen, das aus dem Gerät drang. Schneeflocken stoben über den Bildschirm un er konnte sich nicht recht ausmalen, warum zur Hölle er das eigentlich tat. Das, mit dem rumsitzen. Dabei war er recht ambitioniert, verfügte über Talente in Kunst, Musik und Literatur, die er regelmäßig zum Besten gab und war, trotz seiner eher sehr durchschnittlicheren Figur, sportlich.
Es passte ihm überhaupt nicht in den Kram. Das, mit dem rumsitzen. Und auch alles andere. Bisweilen gab er sich damit zufrieden, seinem sonst so beanspruchten Gehirn eine Auszeit zu gönnen. Doch war diese außerordentlich unangenehm, nicht zuletzt deswegen, weil er einfach nicht der Typ für Hirnpausen und ungelöste Probleme war, auch, wenn er für immer von ihnen umgeben sein würde. Dies sah er auch ein. Trotzdem ließ es ihm keine Ruhe.
Schlagartig riss es ihn von seiner Couch, auf der er gelegentlich zu schlafen pflegte. Die Kissen und Decken fielen um und verrutschten unter dem Impuls des Besitzers. So stand er nun da, vollgeladen mit Spannung, die zu entweichen suchte und innerlich eingesperrt, wie die Schneeflocken auf dem Bildschirm, die von den Rändern abzuprallen schienen, nur um noch größere Verwirrung zu stiften. Sein Körper schien zu bersten, jede Pore einem enormen Druck standhalten zu müssen.
Doch stand er da, als ob nichts wäre. Als ob ihm alles völlig gleich wäre. Gleich, wie der Mensch, der auf der Autobahn ums Leben kam und gleich wie die Sonne, die ihm jeden Tag zu neuer Kraft verhalf. Gleich, wie das Stück Fleisch, das er in vermutlich einer Stunde essen würde und gleich wie das Kind in Afrika, das entweder verhungern oder von sonst irgendeinem Scheiss sterben würde.
Doch wusste er, dass er nicht dastand, weil ihm alles gleich war. Er stand da, weil er wusste, dass er vor Hilflosigkeit gelähmt war. Keinen gab es, der ihn aus dieser Situation befreien würde, keinen, der nur ansatzweise fähig war ihm zu helfen. In diesem Moment war es wie ein Ringen auf Leben und Tod. Wie wenn man die Wasseroberfläche eines Sees mit der Hand berühren kann, der Kehlkopf indes aber schon verkrampft und eine Panik auslöst, die zu dem tödlichen Einatmen des Wassers führt.
An dieser Schwelle schien er zu stehen. Da, in seiner kleinen Wohnung. Vor dem rauschenden Fernseher.
Schließlich besiegte ihn die Panik. Er nahm den tödlichen Atemzug Wasser. Alle Energie, die ihn bis eben zu sprengen verstand, entlud sich in dem verzweifelten Versuch Luft zu holen. Er nahm einen sehr tiefen Atemzug und spürte wie ihm zugleich das Wasser, das in die Lungen stach, sie verbrannte und ihm die erhoffte Luft wegblieb.
Er sackte zusammen wie ein schlecht gebauter Kartenturm. Auf seine Couch. Vor dem rauschenden Fernseher. In seiner kleinen Wohnung. Die ganze Welt hat ihn in diesem Moment im Stich gelassen. Er ließ das Wasser in seinen Lungen anderweitig ausfließen.
Er weinte.
copyright by Andreas Gaida

Mensa Massaker

Ich hasse sie
ganz ohne Reu'.
Sie ähneln Rindern
Diese Kinder.

Sie schreien laut,
hab'n keine Scheu.
Er ist so dreist
des Kinders Geist.

Schau'n mich an
und reden dumm.
Sie werden frech -
zu ihrem Pech.

Stock und Messer,
Mein Zorn dazu.
Mit einem Kreisch
verbeult ihr Fleisch.

Die Säge dann.
mit ihr ich säg,
nicht zu knapp,
die Köpfe ab.

Beruhigt nun
das Essen dampft.
Bin wohlgemut
hier in dem Blut.

copyrigth by Andreas Gaida